Am Dienstag, 27.11. fand in der Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule der von Schülerinnen und  Schülern initiierte und geplante Aktionstag gegen Rassismus statt. Er setzte sich mit Fragen und Gedanken rund um Flucht und Fluchterfahrungen auseinander. In einem Podiumsgespräch begegneten sich Flüchtlinge und Menschen, die in der Flüchtlingsarbeit aktiv sind.

Vorbereitet wurde die Veranstaltung von Schülerinnen und Schülern zusammen mit ja:ba. Aus der Reihe „Politik zum Anfassen“ ist im letzten Jahr an der Schule der Wunsch entstanden, gemeinsam einen Aktionstag gegen Rassismus zu gestalten. 11 Schülerinnen und Schüler aus der 9. und 10. Klasse, teilweise sogar selbst mit Fluchterfahrungen, äußerten ihre Gedanken und Erlebnisse, die sie und damit stellevertretend für die gesamte Schülerschaft, in Bezug auf Flucht und Flüchtlinge umtreibt. Die Gruppe kümmerte sich um die Veranstaltungsorganisation, die inhaltliche Aufbereitung und sogar ein Clip mit „positive News“ von gelungenen Integrationsbeispielen wurde gedreht. Sandra Ender lobte das große Engagement und ermutigte die Schülerinnen und Schüler weiter zu machen: „Es ist beeindruckend zu sehen, was ihr auf die Beine gestellt habt. Heute finden wir Antworten auf eure Fragen.“ Diese wurden dem Podium von Benedikt Martin und Katha Kell (Schülerin aus der 10e) gestellt.

Besonders still wurde es an dem Abend unter den über 500 Gästen, wenn die jungen Männer von ihren Fluchterfahrungen berichteten: „Ohne Grund nehmen wir diese schrecklichen Erlebnisse nicht auf uns“, meint Merhawi, der in eindringlichen Worten und erstaunlich ruhig seine Flucht aus Eritrea schildert, die ihn durch die Wüste, die Fänge von Schleppern und über das Mittelmeer hierher geführt hat. Er beschreibt, wie das Begleitboot gekentert ist und er beobachten musste, wie vor seinen Augen 400 Menschen ertrunken sind oder wie Flüchtende mit schmelzenden Autoreifen über ihrer Haut zur Zahlung von Geld erpresst wurden. „Und trotzdem war alles besser, als zu Hause zu bleiben.“ Ein Hinweis auf die katastrophale Situation in den Ländern, aus denen Menschen fliehen, ihr Hab und Gut und ihre Familien zurücklassen.

Der Syrer Ibrahim bittet die Zuhörerschaft um Verständnis, nicht von der Flucht erzählen zu müssen, zu schwerwiegend seien die Erinnerungen. Islamuddin aus Afghanistan berichtet von seinem viermonatigen Fußmarsch nach Deutschland.

Auf dem Podium saßen noch Pfarrerin Miriam Elsel, Riccardo Schreck (Mitbegründer des Netzwerks Bildung und Asyl) und Mitra Sharifi-Neystanak (Bamberger Migrations- und Integrationsbeirat). Sie sind sich darin einig, dass Vieles von den Medien aufgebauscht wird und der Focus gerade bei Verbrechen zu oft darauf gelegt wird, ob sie von Menschen mit Migrationshintergrund verübt werden. „Verbrechen gehören bestraft, sie sind immer schlimm – egal, wer sie begeht“, meint Frau Sharifi-Neystanak. Riccardo Schreck beklagt die schwierigen Zugangsbedingungen für Flüchtlinge zum Arbeitsmarkt: „Hier haben wir junge Menschen, die arbeiten wollen. Ich werde dafür bezahlt, sie in eine Arbeit zu bringen – beim BAMF werden Menschen dafür bezahlt, sie davon abzuhalten.“ Miriam Elsel beschreibt aus ihrer Erfahrung heraus, dass Integration dort gelingt, wo Begegnung stattfindet: „Flüchtlinge in Buttenheim haben sich früher gleich in den Vereinen engagiert. In Ankerzentren bleibt das anonym. Integration gelingt nur im Kleinen.“

Die Worte „Begegnung“, „Austausch“ und „Dialog“ hallen an dem Abend mehrfach durch den Raum. Miteinander reden und nicht übereinander, gegenseitiges Kennenlernen, das dann vielleicht auch helfen kann, das eine oder andere Vorurteil oder die eine oder andere Angst zu nehmen oder zumindest zu relativieren. Die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler sowie deren lang anhaltender Applaus kann man als Zeichen werten, dass diese Botschaft bei ihnen angekommen ist.

Mehr Fotos gibt es auf der Homepage der Wirtschaftschule: https://www.wirtschaftsschule-bamberg.de/mensch-ist-mensch-heimweh-hilfe-heimat-ein-abend-der-zum-nachdenken-anregt/